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Der Alltag weiblicher Hausangestellter um 1900
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Arbeit als Hausmädchen einer der häufigsten Berufe für junge Frauen. Viele Mädchen stammten vom Land und wurden von ihren Eltern in die Stadt geschickt, um dort eine Anstellung zu finden. Der Beruf versprach aus Sicht der Eltern die Chance, dass ihre Töchter nützliche Fähigkeiten für eine spätere Ehefrau erlernten – vor allem im Haushaltsbereich. Dabei waren die Mädchen meist erst 14 oder 15 Jahre alt und mussten sich häufig selbst um eine Stelle bemühen.
Zahlreiche Mädchen wurden ohne jede Vorbereitung sofort in die tägliche Arbeit integriert. Eine Ausbildung oder eine ausführliche Einarbeitung war selten vorgesehen. Kontakte in die Stadt hatten die Familien in der Regel nicht. So nutzten viele Mädchen zweifelhafte Vermittler, die an Bahnhöfen warteten, um eine Anstellung – oft in Gaststätten mit zweifelhaftem Ruf – zu bekommen. Zum Schutz gründeten kirchliche Gruppen sogenannte Bahnhofsmissionen, die den Mädchen zumindest für die erste Nacht Unterkunft boten.
Gegen 1900 arbeiteten Dienstmädchen nicht nur in gutbürgerlichen Häusern, sondern auch in einfacheren Familien. Dennoch war der Alltag überall hart. Die Mädchen hatten keinen geregelten Feierabend, sondern mussten je nach Bedarf der Familie kochen, putzen, waschen, Wasser holen und einkaufen gehen. Der Einkauf war eine der wenigen Gelegenheiten, bei der sie das Haus allein verlassen durften. Fließendes Wasser war noch nicht überall üblich, weshalb Wasser oft aus Brunnen geholt werden musste.
Auch wenn Dienstmädchen im Haus lebten, erhielten sie nur wenig Lohn. Häufig bestand die Bezahlung lediglich aus Unterkunft und Verpflegung. Die Schlafplätze waren meist notdürftig – oft handelte es sich um kleine Abstellkammern oder sogenannte Hängemöbel mit kaum zwei Quadratmetern Fläche. Rückzugsorte oder eigene Zimmer waren selten. Trotzdem war der Beruf für viele Mädchen oft die einzige Chance, einem Leben in der Armut auf dem Land zu entkommen.