Letzte Aktualisierung: vor 1 Tag
Telc
Deutsch
Lesen Sie zuerst den Artikel und lösen Sie dann die Aufgaben (1–5) zu dem Text. Entscheiden Sie, welche Lösung (a, b oder c) richtig ist.
0% (0 von 2 Personen konnten beim ersten Mal richtig antworten)
Lärm, Stress und wenig Luft – wenn der Arbeitsplatz krank macht
Montagmorgen, 9:17 Uhr. Im Großraumbüro der Agentur Kompakt in der Stadt Altenfurt herrscht das übliche Durcheinander: Telefonklingeln, Tastaturklappern, Gespräche quer durch den Raum. Während eine Kollegin über die Kaffeemaschine diskutiert, fragt ein anderer lautstark, wer das letzte Protokoll gespeichert hat. Inmitten dieser Geräuschkulisse versucht Marie Bergner, eine Präsentation fertigzustellen. Konzentration? Kaum möglich.
Was viele Büroangestellte seit Jahren erleben, wurde nun wissenschaftlich bestätigt: Großraumbüros können die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten ernsthaft beeinträchtigen. Eine aktuelle Studie der Fachhochschule Rauenstein befragte über 1200 Berufstätige aus verschiedenen Branchen. Die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Je mehr Menschen sich ein Büro teilen, desto größer sind die Belastungen.
So gaben über 80 % der Befragten in Büros mit mehr als 15 Personen an, sich regelmäßig durch Lärm, Gespräche oder Telefonate gestört zu fühlen. In Zweierbüros lag dieser Wert bei unter 30 %. Auch körperliche Beschwerden wie Müdigkeit, gereizte Augen oder Konzentrationsprobleme traten in Großraumbüros deutlich häufiger auf. Besonders alarmierend: Die Zahl der Krankheitstage war dort wesentlich höher als bei Mitarbeitenden in Einzelbüros.
Trotz dieser Zahlen setzen viele Unternehmen weiterhin auf offene Raumkonzepte. Der Hauptgrund ist schnell gefunden: Kostenersparnis. Weniger Wände bedeuten weniger Fläche, weniger Miete, weniger Heizkosten. Doch der Preis für dieses vermeintlich effiziente Modell wird oft durch mehr Fehlzeiten und geringere Produktivität gezahlt.
In Deutschland hat das Einzelbüro eine lange Tradition – und ist für viele Arbeitnehmer noch immer ein Ideal. Laut einer Untersuchung der Beratungsfirma Frensdorfer & Partner verfügen deutsche Angestellte im internationalen Vergleich über besonders viel Platz: rund 30 Quadratmeter pro Person, inklusive Flur, Küche und Nebenflächen. Zum Vergleich: In Rumänien, Schottland oder auch Teilen Österreichs liegt der Wert oft unter 12 Quadratmetern.
Während in London oder New York sogenannte „Desk-Sharing“-Modelle üblich sind, bei denen Angestellte täglich wechselnde Arbeitsplätze nutzen, dominiert in Deutschland nach wie vor das feste Büro. „Wir beobachten zwar punktuell einen Wandel – besonders bei Banken und IT-Firmen – aber die Mehrheit arbeitet noch in Einzel- oder Zweierbüros“, erklärt Immobilienexperte Tobias Menken von Frensdorfer & Partner.
Besonders auffällig ist die kulturelle Komponente: Während in angelsächsischen Ländern Flexibilität und Mobilität im Vordergrund stehen, betonen deutsche Beschäftigte das Bedürfnis nach Rückzug, Stabilität und „ihrem eigenen Schreibtisch“. Selbst bei identischer Möblierung möchten viele zumindest ihre persönliche Umgebung gestalten können – mit Pflanzen, Bildern oder einfach mit der Möglichkeit, die Tür zu schließen.
Fazit: Großraumbüros sind nicht per se schlecht – aber sie bringen klare Nachteile für Konzentration und Gesundheit mit sich. Unternehmen sollten bei der Raumplanung nicht nur auf Effizienz achten, sondern auch auf das, was Mitarbeiter wirklich brauchen: Ruhe, Struktur und manchmal einfach nur eine Tür, die sich schließen lässt.