Lernspiele in der beruflichen Weiterbildung – sinnvoll oder problematisch?

Lesen Sie folgenden Text aus einer Zeitschrift. Diskutieren Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin über den Inhalt des Textes, bringen Sie Ihre Erfahrungen ein und äußern Sie Ihre Meinung. Begründen Sie Ihre Argumente. Sprechen Sie über mögliche Lösungen.

Ein neu ernannter Nachwuchsmanager übernimmt eine junge Fluggesellschaft, die sich finanziell in Schwierigkeiten befindet. Seine Aufgabe: Er muss Fluglizenzen für bedeutende Flughäfen weltweit sichern, Personal einstellen und Flugzeuge beschaffen – und das mit begrenztem Budget. Dabei muss er entscheiden: neue Maschinen leasen oder gebrauchte Flugzeuge kaufen? Billigflüge anbieten oder teurere Tickets verkaufen? Verliert er dabei den Überblick, ist die Airline schnell bankrott – zumindest in der Simulation.

Denn hier handelt es sich um ein Lernspiel. Statt sich durch trockene Schulungsunterlagen zu quälen, werden Mitarbeiter bei der Lufthansa mithilfe des Computerprogramms Airline Company ausgebildet. Sie lernen spielerisch, wie man Flugrouten plant, Personal einstellt, Flotten verwaltet, Marketing betreibt und sich am Markt behauptet.

Die Simulation basiert auf realistischen Daten zu Flugzeugen und Flughäfen. Besonders jüngere Mitarbeiter und Auszubildende zeigen sich begeistert: Sie entwickeln ein gutes Verständnis für die Zusammenhänge im Unternehmen. Laut Ronald Urgast, Bildungsmanager bei Lufthansa, steigert das spielerische Lernen sowohl den Spaß als auch die Effektivität: Informationen bleiben besser im Gedächtnis, weil Aufmerksamkeit und Konzentration durch das Spiel hochgehalten werden.

Viele Unternehmen testen seit einigen Jahren ähnliche Ansätze, um die Ausbildung von Fach- und Führungskräften attraktiver zu gestalten. Studien belegen, dass innovative Lernmethoden für die Digital Natives ein entscheidendes Kriterium bei der Arbeitgeberwahl sind.

Ein Nachteil bleibt jedoch: Individuell entwickelte Lernspiele sind deutlich teurer als traditionelle E-Learning-Programme – eine Herausforderung, die sich nicht jedes Unternehmen leisten kann.

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Kandidat A:
Also, im Text geht es darum, dass Firmen wie Lufthansa Computerspiele einsetzen, um neue Mitarbeiter auszubilden. In diesen Simulationen lernen sie spielerisch, wie ein Unternehmen funktioniert, was sie motivieren und gleichzeitig effektiv schulen soll. Einerseits wirkt es sehr modern und ansprechend, andererseits gibt es Kritik wegen der hohen Kosten und der Frage, ob wirklich jeder so gut lernt.
Was hältst du davon – findest du solche Lernspiele eine gute Idee für die Ausbildung?

Kandidat B:
Ich finde den Ansatz grundsätzlich spannend. Gerade junge Leute, die mit Computerspielen aufgewachsen sind, reagieren wahrscheinlich positiv auf solche Methoden. Das könnte tatsächlich helfen, Inhalte besser zu behalten und schneller Zusammenhänge zu verstehen. Trotzdem sehe ich auch gewisse Risiken. Ein Computerspiel vermittelt vielleicht einen falschen Eindruck davon, wie komplex und ernst Entscheidungen im echten Wirtschaftsleben sein können. Hast du nicht auch Bedenken, dass der Ernst des Berufsalltags dabei verloren gehen könnte?

Kandidat A:
Das sehe ich ein. Aber ich denke, wenn ein Lernspiel gut gemacht ist und reale Herausforderungen abbildet, kann es sehr wohl den Ernst der Situation vermitteln. Und nicht nur das – durch die aktive Auseinandersetzung mit Problemen lernen die Teilnehmer viel intensiver als durch passives Zuhören bei klassischen Seminaren. Es geht ja nicht darum, Spaß zu haben und nichts zu lernen, sondern die Lernmotivation zu steigern. Natürlich muss das Konzept stimmen. Ein schlecht gemachtes Spiel wäre sicherlich kontraproduktiv.

Kandidat B:
Da stimme ich dir grundsätzlich zu. Motivation ist extrem wichtig beim Lernen. Was mich allerdings weiterhin stört, ist die Tatsache, dass solche individuell entwickelten Spiele oft sehr teuer sind. Viele kleinere Firmen können sich das gar nicht leisten. Sie bleiben dann auf der Strecke, während große Konzerne moderne Methoden nutzen können. Findest du nicht auch, dass das die Bildungsungleichheit im Beruf noch verstärken könnte?

Kandidat A:
Ja, das ist ein echtes Problem. Vielleicht müsste man hier ansetzen und staatliche Förderprogramme oder Kooperationen zwischen mehreren Unternehmen entwickeln, um die Kosten aufzuteilen. Außerdem könnte man überlegen, standardisierte Lernspiele zu entwickeln, die sich viele Firmen leisten können. So würden moderne Lernmethoden nicht nur den Großunternehmen vorbehalten bleiben. Ich finde, der Zugang zu innovativen Bildungsansätzen sollte allen offenstehen, unabhängig von der Unternehmensgröße.

Kandidat B:
Das wäre auf jeden Fall ein guter Lösungsansatz. Was ich außerdem kritisch sehe, ist, dass nicht jeder Lerntyp gleich gut auf spielerische Methoden reagiert. Manche Menschen brauchen strukturierte Informationen, klare Anleitungen und weniger "spielerischen Wettbewerb". Besonders bei komplexen Themen reicht ein Spiel vielleicht nicht aus, um alles zu erfassen. Denkst du, dass man darauf genug Rücksicht nimmt?

Kandidat A:
Ehrlich gesagt, glaube ich, dass eine Kombination aus verschiedenen Methoden ideal wäre. Lernspiele könnten vor allem als Einstieg dienen, um Interesse zu wecken und Zusammenhänge zu verdeutlichen. Danach sollte es ergänzende Seminare oder Workshops geben, in denen Inhalte vertieft werden. Es wäre falsch, sich ausschließlich auf spielerisches Lernen zu verlassen. Die Mischung macht’s – und sie sollte individuell angepasst werden, damit wirklich alle Lerntypen profitieren.

Kandidat B:
Ja, genau. Eine differenzierte Herangehensweise ist wichtig. Schließlich wollen die Unternehmen ja nicht nur Spaß verbreiten, sondern echte Kompetenzen aufbauen. Wenn die Balance zwischen Motivation, Ernsthaftigkeit und Inhalt stimmt, können Lernspiele sicherlich ein wertvolles Instrument sein. Aber das muss gut durchdacht und professionell umgesetzt werden.

Kandidat A:
Da bin ich völlig bei dir. Zusammengefasst würde ich sagen: Lernspiele sind eine große Chance für die berufliche Weiterbildung, aber sie dürfen nie Selbstzweck sein. Sie müssen Teil eines umfassenden Bildungskonzepts sein, das alle Mitarbeiter gleichermaßen erreicht und ernst nimmt. Wenn das gelingt, profitieren sowohl die Firmen als auch die Mitarbeiter langfristig davon.

Kandidat B:
Ganz genau. Und vielleicht verändert sich die Akzeptanz von Lernspielen noch weiter, wenn die jetzige Generation, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist, selbst in Führungspositionen kommt. Dann wird das Thema möglicherweise ganz selbstverständlich zum Teil der Unternehmenskultur.

Kandidat A:
Das könnte ich mir auch gut vorstellen. Entscheidend ist auf jeden Fall, dass das Ziel – nämlich gutes Lernen und echte Kompetenzentwicklung – immer im Vordergrund bleibt.

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