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Ein pädagogischer Versuch für besonders kluge Vorschulkinder
ESSEN. Es ist eine ganz gewöhnliche Kindergartenstunde – „Geschichtenzeit“ – in einer ganz gewöhnlichen Gruppe. Während Erzieher Leonhard Berger ein Bilderbuch über Tiere im Wald zeigt, reden einige Kinder schon wieder über ihre Bastelideen, malen neue Figuren auf ihre Blätter oder planen, welche Spiele sie nach dem Morgenkreis ausprobieren wollen.
Ganz normale Kinder
Auch sehr wissbegierige und besonders kluge Kinder sind ganz normale Kinder, betont Erziehungsberaterin Dr. Marlene Weigold, die im vergangenen September ihre Arbeit im Montessori-Kindergarten „Lichtgarten“ aufgenommen hat. Nur weil sie in diesen Kindergarten gehen, bedeutet das nicht, dass sie nicht dieselben Alltagsprobleme wie andere Kinder erleben: Streit um Spielsachen, kleine Eifersucht, Ärger mit Eltern oder typische Trotzphasen. Der Unterschied zwischen üblichen und besonders talentierten Kindern besteht eher darin, dass viele von ihnen sich in früheren Einrichtungen nicht besonders anstrengen mussten und es für sie ungewohnt ist, sich ihre Zeit bewusst einzuteilen.
Fördern durch Fordern
Um besonders aufgeweckte Kinder sinnvoll zu unterstützen, verfolgt der Montessori-Kindergarten ein Konzept, das projektorientiertes Arbeiten in kleinen Gruppen vorsieht – und vor allem mehr Eigenverantwortung für die Kinder. Ein wichtiger Punkt ist die Förderung individueller Interessen: Wer sich für ein Thema begeistert, erhält Zusatzaufgaben und darf tiefer in Materialien eintauchen. Für viele Kinder war diese plötzliche Menge an Aktivitäten zunächst ein Schock – manche mussten plötzlich 20–30 Minuten am Stück konzentriert arbeiten, was für Vorschulkinder ungewöhnlich ist. Aber laut Erzieher Berger sei es besser, diesen Schock früher zu erleben als erst später in der Schule, denn besonders kluge Kinder scheitern eher daran, dass sie nicht wissen, wie man mit der eigenen Begabung arbeitet. Mit ein bisschen Hilfe erreichen sie jedoch erstaunlich schnell gute Ergebnisse.
Wer gilt als besonders begabt?
Die Zielgruppe des „Lichtgarten“-Kindergartens sind Kinder, die in mindestens einem Entwicklungsbereich (Sprache, Mathematik, Naturkunde oder Kreativität) überdurchschnittliche Leistungen zeigen. Die Gruppen bestehen aus 12–14 Kindern. Nach einem spielerischen Aufnahmeverfahren wurden 52 Bewerberinnen und Bewerber auf drei Gruppen verteilt, die insgesamt von 22 Erzieherinnen und Erziehern betreut werden. In diesen Gruppen können die besonders interessierten Kinder endlich so sein, wie sie sind – ohne ständig von anderen Kindern wegen ihres Wissens ausgelacht zu werden. Kritikerinnen wie Dr. Hanne Pruhl, die in Essen an einem Forschungsprojekt arbeitet, weisen jedoch darauf hin, dass es grundsätzlich nicht sinnvoll sei, besonders kluge Kinder dauerhaft von anderen zu trennen. Vielmehr müsse man langfristig lernen, Förderkonzepte in den normalen Kindergartenalltag zu integrieren.

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