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Nicht alles ist, wie es scheint
Etwa jeder zwölfte Mann ist farbenblind – im Alltag führt das oft zu Missverständnissen, die langsam mehr Beachtung finden
Jonas Berger (52) erinnert sich gut an seine Schulzeit in der Kleinstadt Merlitz. Damals wusste er noch nichts von seiner Rot-Grün-Schwäche. Immer wieder bekam er schlechte Noten im Kunstunterricht – nicht, weil er schlecht zeichnete, sondern weil er Farben „falsch“ verwendete. Statt herbstlich brauner Bäume malte er welche mit grünen Blättern. „Ich wurde oft ausgelacht“, erzählt er. Erst mit 14 wurde die Störung bei einer Routineuntersuchung festgestellt.
Etwa 8 % der Männer und nur etwa 0,5 % der Frauen in Europa sind von einer Form der Farbenblindheit betroffen, erklärt die Augenärztin Dr. Selma Reiter. Die Ursachen liegen meist in der Vererbung und sind nicht heilbar. Dennoch fällt die Einschränkung oft erst spät auf, weil die Betroffenen lernen, sich mit Farbnamen und Kontrasten zu orientieren. Die Auswirkungen auf die schulische Laufbahn sind unterschiedlich. Manche Lehrer wissen über das Thema Bescheid, andere nehmen keine Rücksicht.
Inzwischen gibt es erste Maßnahmen im Bildungssystem. In einigen Regionen Deutschlands müssen Lehrkräfte inzwischen Fortbildungen zu visuellen Einschränkungen besuchen. Außerdem kommen neue digitale Hilfsmittel zum Einsatz, wie etwa Smartphone-Apps, die Farben benennen oder Verkehrsampeln symbolisch darstellen. Dennoch sind viele Schulen noch nicht auf die Bedürfnisse farbenblinder Kinder vorbereitet.
Auch im Berufsleben bleiben Einschränkungen bestehen. Farbenblindheit ist kein generelles Ausschlusskriterium, aber in bestimmten Bereichen wie Chemie, Elektrotechnik oder Grafik kann die Farberkennung entscheidend sein. Berufsberaterin Katja Molnar meint: „Farben sind nicht in jedem Beruf wichtig. Viele Aufgaben kann man auch ohne vollständiges Farbsehen gut erledigen.“ Wichtig sei es, die Einschränkung offen zu kommunizieren und realistische Berufsziele zu wählen.