Arbeiten bis 75 – eine utopische Vorstellung?

Lesen Sie folgenden Text aus einer Zeitschrift. Diskutieren Sie mit Ihrem Partner / Ihrer Partnerin über den Inhalt des Textes, bringen Sie Ihre Erfahrungen ein und äußern Sie Ihre Meinung. Begründen Sie Ihre Argumente. Sprechen Sie über mögliche Lösungen.

Rente mit 75 – realistische Lösung oder überzogene Idee?
In der aktuellen Rentendiskussion wird immer wieder betont, dass die Menschen in Deutschland – wie auch in anderen europäischen Ländern – im Durchschnitt deutlich früher in den Ruhestand gehen, als es das gesetzliche Renteneintrittsalter vorsieht. Einige Stimmen meinen, eine Anhebung des Rentenalters sei nicht zwingend nötig, solange das aktuelle Alter auch eingehalten würde.

Dem entgegen steht jedoch der Hinweis, dass das Rentensystem ursprünglich unter völlig anderen demografischen Bedingungen entstand. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat sich seit den 1970er Jahren deutlich erhöht – von rund 70 auf über 80 Jahre. Das bedeutet, dass die Menschen inzwischen rund zwei Jahrzehnte länger Rente beziehen. Das stellt das Rentensystem vor enorme Herausforderungen.

Allerdings ist es für viele ältere Menschen heute bereits schwierig, eine Anstellung zu finden – oft schon ab dem 50. Lebensjahr. Ab diesem Alter gelten viele als schwer vermittelbar. Gleichzeitig ist es körperlich und psychisch nicht jedem möglich, bis ins hohe Alter zu arbeiten, auch wenn viele grundsätzlich länger gesund bleiben.

Deshalb plädieren viele Fachleute für mehr Flexibilität beim Renteneintritt. Menschen sollen individuell entscheiden können, wann sie in Rente gehen – je nachdem mit finanziellen Zuschlägen oder Abschlägen. Dies könnte dazu beitragen, dass mehr Menschen freiwillig länger arbeiten, anstatt sie durch starre Altersgrenzen oder Druckmodelle dazu zu zwingen.

Kritiker bezweifeln jedoch, dass mehr Flexibilität allein das Problem löst. Würde das gesetzliche Rentenalter nicht an die steigende Lebenserwartung angepasst, gingen dem Staat hohe Einnahmen verloren. Auch die Gleichstellung von Frauen und Männern beim Renteneintrittsalter wird diskutiert: Eine Anhebung für Frauen könnte mehr Gleichheit schaffen und bessere Karrierechancen ermöglichen.

Ein späterer Renteneintritt könnte außerdem einen sogenannten Pensionsschock vermeiden, da viele Menschen sich noch gebraucht fühlen und ihr Wissen weitergeben könnten – vorausgesetzt, sie sind körperlich und geistig fit.

Beispiel

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Kandidat A:
Ich habe den Text gelesen. Es geht um die Frage, ob ein Renteneintritt mit 75 eine Lösung für die finanziellen Probleme des Rentensystems sein könnte. Einerseits leben wir heute deutlich länger als früher, also müssten wir auch länger arbeiten. Andererseits gibt es viele Menschen, die mit 60 oder 65 schon gesundheitliche Probleme haben oder einfach nicht mehr belastbar sind.
Was denkst du – ist Arbeiten bis 75 eine gute Idee?

Kandidat B:
Ich glaube, das ist sehr individuell. Manche Menschen sind mit 70 noch fit und motiviert, andere sind mit 60 schon erschöpft. Deshalb finde ich es richtig, wenn der Renteneintritt flexibel gestaltet wird – also jeder selbst entscheidet, wann er in Rente geht. Aber ich sehe auch ein Problem: Viele ältere Menschen finden ab einem gewissen Alter gar keine Arbeit mehr.
Was denkst du – braucht es dafür neue Lösungen am Arbeitsmarkt?

Kandidat A:
Ja, unbedingt. Unternehmen müssen offener werden für ältere Arbeitnehmer. Es braucht Weiterbildungen, altersgerechte Arbeitsplätze und eine Kultur, in der Erfahrung wertgeschätzt wird. Nur dann macht es Sinn, überhaupt über längeres Arbeiten zu sprechen. Außerdem muss man die Unterschiede zwischen Berufen beachten. Ein Bürojob mit 70 ist etwas anderes als körperliche Arbeit auf dem Bau.
Wie stehst du zu der Idee, dass Frauen länger arbeiten sollten, um das Eintrittsalter an das der Männer anzugleichen?

Kandidat B:
Ich finde das grundsätzlich fair, wenn man Gleichberechtigung will. Aber man darf nicht vergessen, dass viele Frauen durch Kindererziehung und Pflegearbeit eine Doppelbelastung haben. Da müsste man vorher für bessere Rahmenbedingungen sorgen – zum Beispiel mehr Betreuungsangebote.
Und was hältst du von der Idee, dass ein späterer Renteneintritt den sogenannten Pensionsschock verhindern kann?

Kandidat A:
Das kann ich mir vorstellen. Wer abrupt aufhört zu arbeiten, fällt manchmal in ein Loch. Wenn man langsam aussteigt oder sich weiterhin engagiert, zum Beispiel durch Mentoring oder Teilzeit, kann das helfen. Aber niemand sollte gezwungen werden – es muss immer freiwillig bleiben.
Ich denke, wir brauchen nicht nur eine Debatte über das Rentenalter, sondern auch über die Lebensqualität im Alter.

Kandidat B:
Da stimme ich dir zu. Es geht nicht nur ums Geld, sondern auch darum, wie wir altern wollen. Wenn Menschen länger arbeiten, weil sie es wollen und können – super. Aber wer mit 63 nicht mehr kann, sollte nicht bestraft werden.

Kandidat A:
Also sind wir uns einig: Ein höheres Rentenalter kann Teil der Lösung sein – aber nur, wenn es sozial gerecht, flexibel und individuell gestaltet wird.

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