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Englisch
Lesen Sie zuerst die zehn Überschriften. Lesen Sie dann die fünf Texte und entscheiden Sie, welche Überschrift (a–j) am besten zu welchem Text (1–5) passt.
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Text 1
Im Russland des 19. Jahrhunderts hatten Frauen kaum Zugang zu höherer Bildung. In dieser Zeit wuchs Anna Mironowa, Tochter eines Landarztes, in einem kleinen Dorf nahe Kasan auf. Schon früh zeigte sie außergewöhnliche schulische Leistungen. Mit 16 Jahren bestand sie die Prüfung als Hauslehrerin – damals der höchste Bildungsabschluss für Frauen im Land. Doch Anna träumte davon, Ärztin zu werden. Da ihr in Russland dieser Weg versperrt blieb, reiste sie 1865 in die Schweiz. An der Universität Zürich war sie eine der ersten Frauen, die sich offiziell einschreiben durften. Bereits zwei Jahre später legte sie erfolgreich das medizinische Staatsexamen ab – als erste Russin mit diesem Titel. Nach ihrer Rückkehr eröffnete sie in St. Petersburg eine Praxis für Frauen- und Kinderheilkunde und setzte sich gleichzeitig für die Gründung von medizinischen Kursen für Frauen ein. Ihre Worte „Ich bin die Erste, aber nicht die Letzte“ wurden zum Leitsatz für kommende Generationen.
Text 2
Das Frauenwahlrecht ist heute in fast allen Ländern selbstverständlich – doch bis dahin war es ein weiter Weg. In Europa gilt die Französin Jeanne Delacroix als eine der frühen Stimmen für dieses Recht. Bereits 1791 verfasste sie eine Petition an die Nationalversammlung, in der sie gleiche politische Rechte für Frauen forderte. Diese Ideen stießen damals auf heftigen Widerstand. Dennoch legten Aktivistinnen in vielen Ländern den Grundstein für spätere Reformen. 1838 erhielten Frauen in der britischen Kolonie Pitcairn erstmals das Wahlrecht, später folgten Neuseeland (1893) und Finnland (1906). In Frankreich wurde es erst 1944 eingeführt. In der Schweiz dauerte es besonders lange: Erst 1971 durften Frauen hier auf nationaler Ebene wählen – nach einer Volksabstimmung, bei der ausschließlich Männer stimmberechtigt waren. In vielen Regionen war der Weg zum Frauenwahlrecht von jahrzehntelangen Debatten, Demonstrationen und politischem Widerstand geprägt.
Text 3
Das Wahlverhalten von Frauen hat sich in den letzten 70 Jahren stark verändert. In den 1950er-Jahren stimmten verheiratete Frauen oft wie ihre Ehemänner, meist für konservative Parteien. Heute wählen Frauen vielfältiger und weniger vorhersehbar. Studien aus mehreren europäischen Ländern zeigen: Frauen bevorzugen eher Parteien, die soziale Gleichberechtigung, Familienförderung und Umweltpolitik betonen. Radikale Positionen, besonders solche, die mit einem Abbau von Rechten verbunden sind, finden unter weiblichen Wählern weniger Zuspruch. Gleichzeitig gibt es einen Trend, dass Frauen häufiger weibliche Kandidatinnen unterstützen. In Deutschland stimmten bei der letzten Bundestagswahl 62 % der Frauen unter 30 für Parteien mit einem hohen Frauenanteil in den Listenplätzen. Experten vermuten, dass Themen wie Bildung, Gesundheitsversorgung und Klimaschutz für viele Wählerinnen entscheidender sind als für männliche Wählergruppen.
Text 4
Noch vor wenigen Jahrzehnten war ein Hochschulabschluss für Frauen seltener als für Männer. Heute hat sich das Bild deutlich gewandelt: In fast allen europäischen Ländern sind Studentinnen in der Mehrheit. In Deutschland liegt ihr Anteil unter den Studienanfängern bei über 50 %, in Fächern wie Psychologie oder Lehramt sogar bei über 70 %. Auffällig ist, dass Frauen ihr Studium häufiger erfolgreich beenden: Während bei Männern die Abbruchquote je nach Fach bei 25–40 % liegt, beträgt sie bei Frauen durchschnittlich nur 15–20 %. Besonders groß ist der Unterschied in Studiengängen mit hohem Praxisanteil wie Pflegewissenschaften oder Sozialpädagogik. Experten führen diesen Erfolg unter anderem auf eine stärkere Selbstorganisation und ein höheres Maß an Lernmotivation zurück. Auch in traditionell männlich dominierten Fächern wie Maschinenbau steigt der Frauenanteil kontinuierlich.
Text 5
Der Begriff „Suffragetten“ entstand Anfang des 20. Jahrhunderts für die britischen Frauenrechtlerinnen, die energisch für das allgemeine Wahlrecht kämpften. Unter ihnen war Clara Whitmore eine der bekanntesten Persönlichkeiten. Sie begann mit friedlichen Protesten, organisierte Petitionen und öffentliche Kundgebungen. Als die Regierung diese ignorierte, griff sie – wie viele Mitstreiterinnen – zu drastischeren Mitteln wie Hungerstreiks, Fensterzerstörungen und Brandanschlägen auf leerstehende Gebäude. Whitmore wurde mehrfach inhaftiert und misshandelt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, 1918, erhielten britische Frauen ab 30 Jahren das Wahlrecht; ab 1928 galt es für alle über 21. Whitmore selbst erlebte diesen Moment nur wenige Monate, da sie kurz darauf verstarb. Ihr Einsatz machte sie jedoch zu einer Ikone der Frauenbewegung, deren Name bis heute in britischen Geschichtsbüchern steht.